Zeitstrahl Drogenkultur

ZEITSTRAHL

 

Seit Anbeginn der menschlichen Geschichte werden Drogen gezielt gebraucht und kulturell eingebunden. Drogen waren durch alle Zeit hindurch wichtige Faktoren des Lebens und der Kultur. Die Drogeneinnahme gilt als ein kontinuierliches, menschliches Bedürfnis.

 

Anwendungsbereiche waren unter anderem:

 

– Genuss und Lust (Hedonismus)

– Spiritualität und Religion

– Heilkunst, medizinische Nutzung

– gezielte Einstellung von Körper und Geist für Leistung, Entspannung und Lebensbewältigung

 

 

Bis zum Ende des Mittelalters geschieht Drogeneinnahme weitgehend eingebettet in Rituale, feste Regel und Abläufe. Sie ist ein selbstverständlicher Bestandteil innerhalb statischer und fest gefügter Gesellschaften.

 

  • Am Anfang der Kulturgeschichte: Das urgeschichtliche Weltbild ist schamanisch geprägt. Schaman*innen sind Berufene und Wander*innen zwischen den Welten. Sie gelten als Reisende in andere Wirklichkeiten und treten als Heiler*innen, Ratgeber*innen und Begleiter*innen auf. Sie versetzen sich durch Musik und Tanz in rituelle Trance. Ein weiterer Schlüssel für schamanische Erfahrungen liegt bei dem Gebrauch von psychoaktive Pflanzen, unter anderem Hanf, Ayuhasca, Teonanacatl, Peyote, Dhatura, Epena. Schamanismus ist in fast allen Zeitepochen und Erdregionen nachweisbar. Er hat wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Hochreligionen genommen und Hinduismus, Buddhismus, Schintoismus, Islam und auch auf Teile christlicher Gemeinden mitgeprägt.

Neben dem spirituellen Drogengebrauch gab es auch hedonistische Nutzung (Feierlichkeiten) und gezielte Einstellung (längeres Wachsein auf der Jagd).

 

  • ab 9000 v. Chr.: Mit der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht, später Handwerk entstehen die ersten differenzierten menschlichen Gesellschaften in Vorderasien, Mesopotamien, Palästina. Erste städtische Ansiedlungen sind archäologisch nachweisbar.

 

  • ab 6000 – 2000 v. Chr.: In neolithischen Gräbern werden erste Nachweise von Bier- und Weinkrügen (Südeuropa, Vorderasien, Mesopotamien) gefunden. Auch der indigenen Bevölkerung Amerikas war die Alkoholzubereitung bekannt.

Funde von Mohnkapseln aus dieser Zeit (z.B. Pfahlbaukulturen am Bodensee) belegen die frühe Nutzung des Mohns in Europa. Diese war bei allen frühen Hochkulturen verbreitet.

 

  • 5500 v. Chr.: Der älteste archäologische Nachweis für eine kulturelle/ rituelle Verwendung von Hanf wurde bei Ausgrabungen in Eisenberg (Thüringen) gefunden. Getrocknete Hanfblüten wurden als Grabbeigabe verwendet.

 

 

  • 4.Jahrtausend: In Ägypten ist die Bierherstellung seit dieser Zeit belegt.

 

  • 3500 v. Chr.: Grabfunde in Venezuela, Kolumbien und Peru belegen eine alte kulturelle Verwendung von Kokablättern. In späteren Südamerikanischen Kulturen nimmt diese Pflanze eine wichtige Rolle ein.

 

  • ab 3000 v. Chr.: Die Sumerer und Ägypter kennen die Wirkungen von Mohn und Hanf. Ab dem 3./4. Jahrtausend finden sich auf sumerischen Tontafeln Schriftzeichen, die „Mohn“ bedeuten. Die Verehrung der Ägyptischen Göttin Hathor geschieht durch Gebrauch berauschender Getränke, die u.a. Mandragora (Alraune) enthalten. König Hammurabi von Babylon reglementiert das Schankwesen und Bierbrauen. Es erfolgen genaue Festlegungen von Bierpreisen und Getränkequalität. Bereits im ersten überlieferten Gesetzeswerk der Menschheit belegen diese Vorschriften die enorme Bedeutung psychoaktiver Substanzen in frühen Gesellschaften.

 

  • 1550 v. Chr.: Auf ägyptischen Papyri finden sich Hieroglyphen, die Opium und dessen medizinische Verwendung erwähnen.

 

  • ca. 1500 v Chr.: Die älteste erhaltene Darstellung des Bierfertigungsprozesses wurde in einer altägyptischen Grabkammer gefunden.

 

  • 1400 v. Chr.: Die Statue einer Mykenischen Mohngöttin wurde in einem Heiligtum auf Kreta entdeckt.

 

  • 1300 v. Chr.: Aus dieser Zeit stammen Steinritzzeichnung in einem Tempel der Chavin-Kultur (Peru), welche den Gebrauch des psychoaktiven San-Pedro-Kaktus darstellen.

 

1250 v. Chr.: Unter Moses Auszug des Volkes Israel aus Ägypten

 

  • 1200 v. Chr.: In der Rig Veda, einer der ältesten heiligen Schriften des Hinduismus, wird die Herstellung und Zeremonie von „Soma“ beschrieben. Bei Soma handelt es sich um ein Ritualgetränk, welches aus einer psychoaktiven Pflanze gewonnen wird. Gleichzeitig wird Soma als eine Gottheit verstanden.

 

  • ab 700 v. Chr.: In der griechischen und römischen Antike sind Alkohol (Wein) und Opium häufig benutzte Drogen. Sie haben in Religion wie im Alltag eine enorme Bedeutung. Der Dionysoskult entsteht, bei dem Rausch und Ekstase eine zentrale Rolle spielen. Dionysos wird als Gottheit des Weines und der Vegetation betrachtet und später im römischen Pantheon als Bacchus weiter verehrt. Die Muskatnuss ist in Indien und Arabien als Heilmittel und Aphrodisiakum bekannt.

 

  • ab 690 v. Chr.: Das Orakel von Delphi gewinnt religiöse und gesellschaftliche Bedeutung. Die Pythia, Priesterin und Visionärin des Orakels, versetzt sich mittels psychoaktiver Dämpfe in Trance, um ihre Botschaften zu empfangen.

 

  • Jhd v. Chr.: Der Arzt Diagoras von Melos warnt vor unbedenklicher Anwendung des Opiums. Der Geschichtsschreiber Herodot schildert den psychoaktiven Hanfgebrauch bei den Skythen.

 

480 v. Chr.: Siddharta Gautama, Begründer des Buddhismus

 

  • 460 – 360 v Chr.: Hippokrates von Kos, bedeutender Arzt der griechischen Antike, gilt als Begründer der wissenschaftlichen Medizin. Sie wird erstmals als Erfahrungswissenschaft verstanden. Natürliche Krankheitsursachen kommen als Gründe für die beobachteten Symptome in den Blick. Eine besondere Bedeutung nimmt der „Eid des Hippokrates“ als ethische Verpflichtung aller Mediziner ein.

 

  • 186 v. Chr.: Der römische Senat geht mit drastischen gesetzlichen Maßnahmen gegen die bacchischen Orgien und Kulte vor.

 

um 30: Jesus, Begründer des Christentums

 

  • 43 v.Chr. – 17 n.Chr.:      Der römische Dichter Ovid besingt in seinem Werk „Metamorphosen“ die Wirkung unterschiedlicher Rauschpflanzen.

 

  • 1. Jhd.: In der Arzneilehre des Dioskurides werden psychoaktive Pflanzen und Zubereitungen beschrieben

 

  • 1./2. Jahrhundert: Auch Römische Kaiser geben sich, wie ihre Untertanen dem Drogenkonsum hin:

Neros (37 – 68 v. Chr.) sein Leibarzt stellt ein Alexipharmaka auf der Basis von Mohn, für den Kaiser her

Titus stirbt 81 n. Chr. an einer Überdosis Opium

Hadrian 76 – 138 n. Chr. sucht Trost im Opiumkonsum wegen des Todes seines Sohnes

Marc Aurel 121-180 gebraucht ebenfalls diese Droge

 

  • 129-199: Galen, ein bedeutender Arzt des römischen Zeitalters, sammelt das Wissen seiner Zeit und schafft ein komplexes System der Humoral- oder Säftelehre. Er nennt eine erhebliche Anzahl von Arzneimitteln, wirksamen Pflanzen und erläutert deren Herstellung. Seine Lehren sind noch im Mittelalter hochangesehen.

 

  • um 500: Justinian I. (482-562) stellt die Benutzung von Liebestränken (Aphrodisiaka) der Zauberei gleich. Als Strafe droht Hinrichtung.

 

  • 6. – 10. Jhd.: Im frühen europäischen Mittelalter werden berauschende Mittel kaum erwähnt. Das Wissen von griechischen und römischen Ärzten über die Anwendung dieser Mittel scheint verloren.

 

  • 8.Jhd:  Arabische Ärzte übersetzen griechische und römische Werke und überliefern damit einen Teil des antiken Wissens über Rauschmittel.

 

  • 780: „Cha Ching“, das erste, umfassende Buch zum Tee erscheint in China. Lu Yü beschreibt darin die Trinkgewohnheiten, Herkunft und Geschichte dieses stimulierenden Getränkes.

 

  • um 800: Karl der Große ordnet in seinem Kapitulare den Anbau des Hanfs an. Es ist das erste Hanfgesetz in Europa.

 

  • 827: Der Mönch Walahfrid Strabo verfasst ein Kräuterbuch, in dem er u.a. den Schlafmohn beschreibt.
  • 10.Jhd: Ali ben Wahshiyya verfasst ein Buch über Gifte mit genauer Anleitung zu Anwendung des Opiums und zur Vermeidung von Überdosierungen.

 

  • 980 – 1038: Ali ibn Sina, genannt Avicenna, war ein berühmter arabischer Gelehrter. Er sammelte das verfügbare medizinische Wissen seiner Zeit und legt die Grundlagen für die Medizin in den folgenden 500 Jahren. Er übersetzt Werke des Aristoteles und seiner Schule.

 

  • 11.Jhd: Das antike Wissen über psychoaktive und Heilpflanzen kehrt teilweise nach Europa zurück. Dieser Weg erfolgte durch die arabischen Übersetzungen und Werke, die Kreuzfahrer mitbrachten.

 

  • 12. Jhd.: Der chinesische Kaiser Hui Zong entwickelt neue Methoden des Teeanbaues und fördert die Kunst der Teezeremonie. Er verfasst die „Abhandlung über den Tee“ („Kuan Cha Lün“).

 

  • Jhd: Die Visionärin Hildegard von Bingen, bedeutendste Kräutergelehrte ihrer Zeit, beschreibt viele Heilpflanzen und wendet sie an. Sie überliefert eines der ältestes schriftliches Zeugnis für die Heil- u Genusswirkung des Hanfs in Mitteleuropa.

 

  • 13. Jhd.: Albertus Magnus erwähnt in „Parva naturalia“ die narkotischen Drogen Opium (Papaver) und Alraune (Mandragora).

 

  • 14./ 15. Jhd.: In der Inkazivilisation wird der stimulierende Kokastrauch, religiös „Mama Coca“ genannt, als heilige Pflanze verehrt.

 

  1. 1450: Buchdruck

ermöglicht schnellere Informationsverbreitung

und dadurch auch intensivere Diskussion

und Auseinandersetzung

über gesellschaftliche Probleme

und damit auch die stärkere Wahrnehmung dieser

 

  • 1454: Die erste historische Nachricht über den Kaffee entstammt einem Manuskript aus dem Jahre 1587. Demnach soll der Mufti Gemaleddin von Aden den Kaffeeanbau im Jemen in diesem Jahr befohlen haben.

 

1438 – 1533: Inkareich in Peru,

ab 1492 durch spanische Eroberung zerstört

 

  • 5.12.1484: Pabst Innozenz VIII. legitimiert mit der berüchtigten Hexenbulle die systematische Hexenverfolgung in Europa. In mehreren Verfolgungswellen, die nach der Reformation auch protestantische Gebiete erfassten, werden in Massenprozessen Zehntausende von Menschen verurteilt und auf den Scheiterhaufen gebracht. Opfer sind in erster Linie Frauen und Anhänger vorchristlicher Glaubensformen. Die Anwendung bestimmter psychoaktiver Pflanzen, wie Nachtschattendrogen für den „Hexenflug“, wird kriminalisiert. Durch die Hexenverfolgung wird auch uraltes Heil- und Drogenwissen verteufelt und vernichtet

 

  • 1492: Kolumbus und seine Begleiter kommen als erste Europäer mit dem Tabak in Berührung.

 

  • 1493 – 1541: Der bedeutende Arzt und Heiler Paracelsus, ein Wegbereiter für die moderne Heilkunst, entwickelt u.a. eine alkoholische Opiumtinktur. Das Laudanum erweist sich als wirksames Schmerzmittel und avanciert bald zum verbreiteten Volksheilmittel.

 

  • ab 1495: Ständig wiederkehrende Reichsverordnungen gegen den „Sauff-Teuffel“ sollen übermäßigen Alkoholkonsum eindämmen. Ohne Erfolg.

 

  • 1496: Ein erster Bericht über Tabakgebrauch stammt von dem Mönch Romano Pane, einem Begleiter des Christoph Kolumbus. Er beschreibt die Nutzung von Tabakspfeifen und den Rauchvorgangs, aber ebenso den rituellen Gebrauch von Kautabak bei der indigenen Bevölkerung.

 

16.Jhd.: Beginn der „Neuzeit“:

Der Frühkapitalismus entsteht.

Die alten, fest gefügten Gesellschafts- und Sozialstrukturen

der mittelalterlichen Stände- und Feudalgesellschaft zerbrechen.

1517 Reformation

Es geschehen massive, religiöse Umwälzungen.

 

16.Jhd.: Im „Jahrhundert der Trunksucht“ kommt es zu einer weiten Verbreitung hochprozentiger Alkoholik. Es treten soziale und gesundheitliche Schäden durch unsachgemäßen Drogengebrauch in großem Umfang auf.

 

  • 16. Jhd. Der Teemeister Rikyu legt die Regeln für die japanische Teezeremonie fest.

 

  • 1505: Die Kunde vom Tabak erreicht innerhalb kurzer Zeit China über Europa und Indien.

 

  • 1516: Das Reinheitsgebot für Bier wird in Bayern erlassen.

 

  • 1527: Erste Hinweise auf die Abhängigkeitsgefahr beim Tabakrauchen: Bischof Bartolome de las Casas schreibt dazu: “Und als man sie (die Spanier) wegen solch hässlicher Gewohnheiten tadelte, antworteten sie, dass es ihnen unmöglich sei, diese wieder abzulegen.“

 

  • 1554: Die Verbreitung des Kaffee innerhalb des Osmanischen Reich setzt sich durch. Das erste Kaffeehaus wird in Istanbul eröffnet.

 

  • 1559: Erster Tabakanbau in Deutschland (Suhl)

 

  • 1562: Giovanni Battista Porta erwähnt in seinem Buch „Magia naturalis“ einen halluzinogenen Trunk. Dieser versetzt Menschen in einen Zustand, der sie glauben lässt, in ein Tier verwandelt worden zu sein.

 

  • 1576: Der Gelehrte Lobelius beschreibt die berauschende Wirkung von Muskat.

 

  • 1582 Erstbeschreibung des Kaffees in Europa durch Leonhard Rauwolf.

 

  • Ende 16.Jhd.: Tabak ist als Heil- und Genussmittel allgemein bekannt und genutzt in Europa. Ab 1605 ist er in der Türkei und der Arabischen Kultur, ab 1634 in Russland nachweisbar.

 

  • 1600: Kaffee ist im gesamten arabischen Raum und osmanischen Reich verbreitet.

 

  • 1648: Nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges kommt es zu einer weitere Intensivierung des Tabakkonsums durch die Soldaten.

 

17./18. Jhd.: Zeitepoche des Barocks:

 Diesseitsfreude, Genuss, Lebensfreuden werden intensiv bejaht.

 

  • 1650-1700 Tabakverbote werden in Deutschland, Schweiz, Europa, Arabien, Türkei, Russlanderlassen. Es drohen zum Teil hohe Strafen, z.B. in Lübeck (1691) Todesstrafe auf Tabakbesitz.

 

  • 1670: Erste Kaffeehäuser öffnen in London, Paris, Amsterdam, London.

 

  • 1674 Charles II. bezeichnet die inzwischen zahlreichen Kaffeehäuser in London als Brutstätten des Aufruhrs. Es folgt ein Dekret zu deren Schließung.

 

  • 1683: Nach der Schlacht vor Wien müssen die türkischen Truppen eilends fliehen und hinterlassen zahlreiche Säcke mit Kaffeebohnen. Ein findiger Geschäftsmann erkennt seine Chance. Nach dieser Legende soll daraufhin die Wiener Kaffeekultur entstanden sein.

 

  • 18. Jhd.:„Ginkrise“ in England: durch die rapide Zunahme des Branntweinkonsums insbesondere in den städtischen Armenvierteln verschärfen sich die sozialen Spannungen.

 

  • Jhd.: Russland erlässt Verbot von Kaffee und Tabak. Es drohen drastische Strafen wie Gefängnis, Verbannung, Konfiszierung des Besitzes, grausame Körperstrafen.

 

  • 1734: J.S. Bach komponiert die Kaffeekantate.

 

  • 1750 – 1789 Gesetzliche Einschränkungen des Kaffeegenusses werden in einigen deutschen Ländern erlassen, so unter Friedrich dem Großen. Die

Verfolgung von Kaffeeliebhabern erfolgt bis in die Privaträume hinein. Eine Sonderpolizei, die sogenannten „Kaffeeschnüffler“, wird eingesetzt.

 

1775: In Deutschland wird das letzte Todesurteil an einer „Hexe“ vollstreckt.

 

1789: Sturm auf die Bastille

Beginn der Französischen Revolution

 

  • Jhd.: In Europa und in den USA etablieren sich Opiumhöhlen, die vor allem durch chinesische Emigranten betrieben werden.

 

  • 1806: Dem Apotheker Sertüner gelingt es, Morphin aus Opium zu isolieren. Vorerst unbeachtet, wird das Mittel nach Erfindung der Injektionsspritze gezielt zur Schmerzlinderung eingesetzt und ist bis heute das wirksamste bekannte Schmerzmittel.

 

  • ca. 1830: Friedlieb Ferdinand Runge entdeckt die Wirkungen des Atropins in Nachtschattenpflanzen und das Koffein.

 

  • 1844-1849: Im Hotel Pimodan (Paris) wird „Le Club des Hachichins“ ins Leben gerufen. Dr. Moreau betreibt wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung von Haschisch. Der Club erlangt literargeschichtliche Stellung, gehören ihm doch solche Persönlichkeiten wie Baudelaire, Gauthier und Hugo, Alexander Dumas, Flaubert und der Maler Daumier an.

 

1848: demokratische Revolutionen in Europa

 

  • 1840 – 1842/ 1856 – 1860: In den sogenannten „Opiumkriegen“ erzwingt England mit militärischer Gewalt den freien Zugang zu chinesischen Häfen und erreicht damit auch einen ungehinderten Opiumhandel.

 

  • 1846: In der Medizin wird für Operationen die Äthernarkose eingeführt. Vorher wurden dafür riskantere Betäubungsformen, z.B. mit Nachtschattendrogen verwendet.

 

  • 1850: Tabakarbeiterinnen aus Spanien und Frankreich entwickeln den Vorläufer der Zigarette.

 

  • 1855: Dr. Ernst Freiherr von Bibra veröffentlicht das erste umfassende Wissenschaftswerk der Neuzeit zum Thema Drogen: „Die narkotischen Genussmittel und der Mensch“.

 

  • Zweite Hälfte 19. Jhd.: In Nordamerika entsteht die Native American Church, die stammesübergreifend indianische Spiritualität und Tradition mit christlichen Glaubensinhalten verbindet und Peyote als Sakrament verwendet.

 

  • 1855/1860: Kokain, das Alkaloid des Kokastrauches, wird erstmals isoliert. Diese Leistung wird dem Apotheker Friedrich Gaedcke (Rostock) als auch dem Apotheker Albert Niemann (Göttingen) zugeschrieben.

 

  • 1862: Die Firma Merck vermarktet Kokain als Medikament. Insbesondere die schmerzstillende Wirkung kommt bei Operationen (Lokalanästhesie) zum Einsatz.

 

  • 1863: Der Chemiker Adolf von Baeyer (Berlin) synthetisiert erstmals Barbitursäure, welche pharmazeutisch zu einer Grundlage vieler Schlafmittel wird.

 

  • 1867: Der Schriftsteller Fritz Hugh Ludlow initiiert in New York die erste Drogenberatungsstelle.

 

  • 1870/71: Im deutsch- französischem Krieg wird Morphin in größerem Umfang zur Versorgung der Verwundeten eingesetzt.

 

  • 1873: Diacetylmorphin wird erstmals in England von dem Chemiker C. R. Wright synthetisiert.

 

  • 1886: John S. Pemberton bringt ein anregendes Erfrischungsgetränk auf dem Markt, das er u.a. aus Kokablättern und Colanuss hergestellt hatte:  Coca-Cola!

 

  • 1886: Sigmund Freud, Entdecker der Psychoanalyse, beschreibt in „Über Coca“ die Wirkung von Kokain auf Geist und Seele.

 

  • 1887: Dem Chemiker Felix Hoffmann (Elberfeld) gelingt ebenfalls die Acetylierung von Morphium. Die Firma Friedr. Bayer und Co nennt dieses Produkt „Heroin“. Es wird bis 1931 pharmazeutisch vermarktet.

 

  • 1887/ 1893: Amphetamin und später Methamphetamin werden synthetisiert. Sie finden Anwendung als Aufputschmittel und Appetitzügler.

 

  • 1896: Chemische Isolierung des Peyote-Wirkstoffes Meskalin durch den deutschen Pharmakologen Arthur Heffter. Der österreichischen Chemiker Ernst Späth hat 23 Jahre später die erste vollsynthetische Herstellung von Meskalin realisiert.

 

  • ab 1903: Entwicklung von barbituratsäurehaltigen Schlaf- und Beruhigungsmitteln, den Barbituraten.

 

  • 1909/1911: Auf den Internationalen Opiumkonferenzen in Schanghai und Den Haag erfolgen erste Absprachen, um den Verkehr mit sog. Betäubungsmitteln rechtlich zu regeln.

 

  • 1914: Der Patentantrag auf Methylendioxymethamphetamin (MDMA) wird der Firma Merck genehmigt.

 

1914 – 1918: 1. Weltkrieg

 

  • 1917: Kaiserliche Verordnung über den Handel mit Opium, Morphium und Kokain in Deutschland:  die Abgabe dieser Substanzen darf nur noch über Apotheken erfolgen, für deren Großhandel bedarf es nun eine Gewerbeerlaubnis.

 

  • 1919: In den USA tritt der 18. Verfassungszusatz tritt in Kraft. Bis 1933 besteht das Verbot von Alkohol (Alkoholprohibition).

 

  • 1920 Jahre: In Großstädten wie Berlin und Paris wird Kokain, insbesondere in Künstler- und Bohemekreisen, zur neuen Modedroge.

 

  • 1924: Prof. Dr. Louis Lewin veröffentlicht das Buch „Phantastica“. Er teilt erstmals Drogen in Gruppen nach ihren Wirkungen ein und beschäftigt sich intensiv mit Schäden, wie Sucht und deren Ursachen. Lewin gilt als einer der Begründer der modernen Toxikologie.

 

  • 1929: Das „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln („Opiumgesetz“) tritt in Deutschland in Kraft.

 

  • 1929 – 1933: Der Zeitungskönig Hearst initiiert einen nationalen Aufsatzwettbewerb über eine neue Alkoholpolitik. John D. Rockefeller Jr. Weist auf dem republikanischen Parteitag darauf hin, dass die Nachteile der Prohibition überwiegen. Im Dezember 1933 erfolgt die Aufhebung der Alkoholprohibition, nachdem Kriminalität, Schmuggel und Konsum „harten“ Alkohols stark angestiegen sind.

 

  • 1933 – 1945: Der Nationalsozialismus herrscht in Deutschland. Die Drogengesetzgebung wird verschärft, Alkoholkranke werden als Volksschädlinge in KZs eingeliefert. Die nationalsozialistische Elite war jedoch keinesfalls drogenabstinent: Adolf Hitler wurde von seinem Leibarzt mit Eukodal, einem Morphiumderivat versorgt. Göring war Morphinist. Die Wehrmacht setzte in großem Umfang Pervetin (Methamphetamin) ein, um seine Militärangehörigen aufgeputscht an die Front zu schicken.

 

  • 1937: Der „Marihuana Tax Act“ wird in den USA verabschiedet. Harry J Anslinger wird Leiter des Federal Bureau of Narcotics und setzt in den weiteren Jahren die vollständige Kriminalisierung von Marihuana durch.

 

  • 1943: Albert Hoffmann, Chemiker bei den Schweizer Sandozwerken, stellt LSD her und erlebt erstmals dessen Wirkung.

 

  • 1954: Der englische Literat Aldous Huxley veröffentlicht seinen Essay „The doors of Perception“ („Die Pforten der Wahrnehmung“), in dem er seine Erfahrungen mit Meskalin beschreibt und diese philosophisch und religiös einordnet.

 

  • 1955: Zum ersten Mal werden in Mexiko Angehörige einer nichtindianischen Kultur von der mazatekischen Schamanin Maria Sabrina an einer Velada, dem Ritual mit den heiligen Pilzen beteiligt. Das Pilzforscherehepaar R. Gordon und Valentina Wasson veröffentlichen später vielbeachtete Berichte über diese Erfahrung und machen so den rituellen Gebrauch psilocybinhaltiger Pilze im Westen bekannt.

 

  • 1956: Prof. T. Masaki von der Universität Hokkaido (Japan) weist in einen Bericht auf den steigenden Amphetamingebrauch in seinem Land hin. Die aktuelle Zahl der Konsument*innen wird für Japan auf 600.000 geschätzt. Ähnliche Tendenzen zeichnen sich auch in anderen Ländern, z.B. den skandinavischen Staaten ab.

 

  • 1961: Die „Single Convention on Narcotic Drugs“ wird verabschiedet.

 

  • 1968: „Summer of Love“ Im Sommer der Liebe lösen die Hippies mit ihrer anarchisch, pazifistisch und spirituell orientierten Subkultur eine psychedelische Bewegung aus.

 

  • 1970ger Jahre: In Europa und USA entstehen offene Heroinszenen. Der Gebrauch illegaler Rauschmittel nimmt zu, insbesondere bei Opiaten, Kokain und synthetischen Aufputschmitteln. Riskante Konsumformen (Fixen) führen verstärkt zu gesundheitlichen Problemen. Die illegale Vermarktung etabliert sich dynamisch. Der Staat reagiert mit einer Verstärkung der Repression.

 

  • 1970ger Jahre: MDMA wird erfolgreich innerhalb der Psychotherapie, u.a. in den USA und der Schweiz, eingesetzt.

 

  • 1975: In den Niederlanden wird juristisch konsequent zwischen Handel und Eigenbedarf unterschieden. Gleichzeitig wird das Risikopotential der einzelnen Substanzen differenziert bewertet. Die Vorgehensweise niederländischer Behörden, die nicht eingreifen, wenn kein grundlegendes öffentliches Interesse besteht – Opportunitätsprinzip genannt – führte zu einer de-facto-Entkriminalisierung von Besitz und Kleinhandel von psychoaktivem Cannabis. Erste Hanf – Coffeeshops entstehen in Amsterdam, später auch in (fast) ganz Niederlanden.

 

  • 1980ger Jahre: Die AIDS Krise erschüttert die Welt. Das Konzept der „akzeptierenden Drogenarbeit“ entsteht.

 

  • 1982: Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland.

 

  • 1985: Die mazatekische Schamanin Maria Sabrina, die mit Hilfe von „Teonanacatl“ („Fleisch der Götter“), dem psilocybinhaltigen Pilzen Mexikos, Visionen empfangen und Heilung bewirkt hatte, stirbt über 90 Jährig in Oaxaca (Mexiko).

 

  • 1985: Crack, rauchbares Billigkokain, taucht in den USA auf und verbreitet sich vor allem in den Ghettobezirken der Großstädte.

 

  • 1985: Von den USA initiiert, wird weltweit das Verbot von MDMA durchgesetzt, was aber dessen Karriere als Tanz- und Partydroge keinen Abbruch tut.

 

1989: demokratischer Wandel in Osteuropa

 

  • 1990 Jahre: Die Technobewegung wird stilprägende Jugendkultur in Westeuropa und verbreitet sich durch den Fall des Eisernen Vorhanges auch nach Osten. Im Rahmen der Partyszene etabliert sich ein zunehmender Gebrauch synthetischer Drogen.

 

  • 1992: Die Substitution (Ersatzstoffbehandlung) wird als Behandlungsmethode bei Heroinabhängigen offiziell zugelassen und gesetzlich verankert (§ 13 BtmG).

 

  • 1994: Das Bundesverfassungsgericht in Deutschland stellt in einer Grundsatzentscheidung fest, dass die Behörden von Strafverfolgung absehen müssen, wenn Cannabis in geringer Menge zum Eigenbedarf erworben und besessen wird.
  • 1994: In Frankfurt a.M. wird der erste Druckraum Deutschlands geöffnet, in dem Heroingebraucher*innen unter hygienisch gesicherten Bedingungen ihre Droge konsumieren können.
  • 1994: In verschiedenen Städten der Schweiz werden wissenschaftliche Versuche mit der ärztlichen Verschreibung von Heroin, Morphin und intravenös verabreichten Methadon an Heroingebraucher*innen gestartet. Es stehen insgesamt 750 Plätze zur Verfügung. 1995 werden eine Anzahl von Morphin- und Methadonplätzen in Heroinplätze umgewandelt und die Ausweitung der Versuche auf 18 Projekte und damit eine Erhöhung der Behandlungsplätze auf 1000, davon 800 Heroinplätze, bewilligt.

 

  • 1996: Zum internationalen Anti-Drogen-Tag der UNO werden in China 769 Menschen wegen „Rauschgiftvergehen“ zum Tode verurteilt. Die Urteile wurden zum Teil umgehend vollstreckt.

 

  • 1999: Nach dem in der Schweiz der Abschlussbericht der Forschungsbeauftragten eine Weiterführung der heroingestützten Behandlung empfiehlt, wird die ärztlich kontrollierte Heroinverschreibung als reguläre Behandlungsmethode etabliert.

 

  • 2001: In Russland sterben in diesem Jahr 47.000 Menschen durch gepantschten Alkohol. Dabei habe es sich nach Angaben der Behörden nicht um Alkoholiker*innen, sondern um ganz normale Konsument*innen gehandelt.

 

  • 2001: Portugal entkriminalisiert Erwerb und Besitz von Drogen zum Eigenbedarf. In dessen Folge können präventive, sozialpolitische und integrative Ziele deutlich besser umgesetzt werden.

 

  • 2003: In den ersten Monaten des Jahres werden in Thailand rund 2000 Menschen im Rahmen einer Anti-Drogen-Kampagne ermordet. Menschenrechtsorganisationen reden von Hinrichtungen, bei denen Polizisten Verdächtige ohne Gerichtsverfahren töten.

 

  • 2003: Der erste Patient in Deutschland, der Cannabis anbaut, um es medizinisch zu nutzen, wird von einem Gericht freigesprochen.

 

  • 2004: Eine legale Rauchmischung mit dem Namen „Spice“ kommt auf den Markt, die über Internet und Headshops vertrieben wird. Die Wirkung der Kräutermischung beruht, wie später nachgewiesen wird, auf beigefügte synthetische Cannabinoide. 2009 wird Spice unter das Betäubungsmittelgesetz gefasst und damit verboten.

 

  • 2005: ENCOD (European Coalition for Just and Effective Drug Policies) entwickelt das Konzept von Cannabis Social Clubs, die einen legalen Anbau für volljährige Mitglieder ermöglichen. In Spanien und Belgien wird diese Idee teilweise umgesetzt.

 

  • 2006: In den nördlichen Bundesstaaten von Mexiko eskaliert ein immer blutiger werdender Drogenkrieg. Kämpfe zwischen rivalisierenden Drogenkartellen und ein offener Krieg zwischen Staat und Drogenwirtschaft forderten in den letzten Jahren über 35.000 Todesopfer, darunter zahlreiche Journalist*innen, Frauen, Jugendliche und Kinder. Die weit verbreitete Korruption sichert den Einfluss der Kartelle bis in Polizei, Justiz und Politik hinein. Eine Mehrzahl der Mexikaner ist inzwischen davon überzeugt, dass Drogenanbau und- handel mit Gewalt nicht unterbunden werden können.

 

  • 2007: Nichtraucherschutzgesetze werden in den einzelnen Bundesländern erlassen. Damit treten weitreichende Rauchverbote in öffentlichen Einrichtungen und in der Gastronomie in Kraft.

 

  • 2009: Der Deutsche Bundestag nimmt ein Gesetz an, das die juristische Voraussetzung für eine Überführung der diamorphingestützten Behandlung in die Regelversorgung schafft. Die medizinische Heroinvergabe wird damit rechtlich geregelt.

 

  • 2011: In einem Bericht der „Global Commission on Drug Policy“ wird der Drogenkrieg als gescheitert erklärt. Als Konsequenz wird die Politik aufgefordert, mit Modellen zur Entkriminalisierung und einer legalen Drogenkontrolle zu beginnen, um Kriminalität und Menschenrechtsverletzungen einzudämmen. Diese internationale Kommission besteht aus hochrangigen Politikern, u.a. den einstigen UNO-Generalsekretär Kofi Annan.

 

  • 2013: Die Cannabis-Patientin Ute Köhler aus Thüringen bekommt für Ihr Engagement, Hanf als Heilmittel zuzulassen, die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

 

  • 2013: Uruguay entkriminalisiert den Besitz von Cannabis und reguliert Anbau und Verkauf.

 

  • 2014: Im „Journal of Psychopharmacology“ beschreiben britische Psychiater*innen positiven Ergebnisse, die Ketamin bei depressiven Patient*innen erzielt. Weiterführende wissenschaftliche Arbeiten belegen die Wirksamkeit von Ketamin bei Depression, Posttraumatischer Stresserkrankung und Angststörungen.

 

  • 2014: Colorado legalisiert als erstes Bundesland der USA Besitz und Verkauf von psychoaktivem Cannabis.

 

  • 2016: Mit seinem Machtantritt in den Philippinen forciert Präsident Duterte eine Anti-Drogen-Kampagne, in deren Folge tausende Menschen gezielt durch Polizei und Todeskommandos ermordet werden. Betroffen von diesem Terror sind vor allem Kleinhändler*innen und drogengebrauchende Menschen, aber auch Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, Menschenrechtsaktivist*innen und Minderjährige.

 

  • 2017: In Deutschland wird Cannabis als Medizin zugelassen.

 

  • 2018: Kanada erlaubt den Besitz von 30Gramm Cannabis und vier Pflanzen im Eigenanbau. Der Verkauf kann über staatliche oder private Läden geregelt werden.

 

  • 2021: Der Oberste Gerichtshof von Mexiko entkriminalisiert den Besitz von Cannabis zum Eigengebrauch.

 

  • 2022: In den USA ist die medizinische Anwendung von Cannabis in 38 Bundesstaaten erlaubt. 19 Bundesstaaten haben auch den nichtmedizinischen Gebrauch legalisiert.