Drogenmündigkeit

Drogenmündigkeit ist ein von Professorin Gundula Barsch entwickeltes Konzept für den erfolgreichen Umgang mit psychoaktiven Substanzen – also Drogen. Drogenmündigkeit meint deine Fähigkeit dich unter verschiedenen Umständen zurecht zu finden und dabei einen passenden Umgang mit Drogen zu finden. Dafür ist eine Vielzahl von Fähigkeiten, Wissen und Einstellungen nötig, die du als Konsument*in mit der Zeit erwirbst und von anderen lernst.

Drogenmündigkeit kann die Entscheidung beinhalten eine Droge nicht zu gebrauchen, meint aber auch den lustbetonten, spirituellen oder medizinischen Gebrauch einer oder mehrerer Substanzen. Da Drogen in unserer Gesellschaft konsumiert werden und sich das auch nicht verhindern lässt, müssen wir lernen damit umzugehen.

Risikomanagement

Risikomanagement bezeichnet deine Fähigkeit die möglichen Gefahren und den möglichen Nutzen im Umgang mit einer Droge zu erkennen, wirklichkeitsnah einzuschätzen, zu deinem Vorteil zu verändern und dich bewusst dafür oder dagegen zu entscheiden. Dazu ist auch ein gutes Drogenwissen notwendig.

Kernfragen des Risikomanagements

Wir empfehlen dir daher, dir folgende Fragen zu stellen:

  • Welche Gefahren bestehen beim Umgang mit der Substanz und wie wahrscheinlich sind diese?
  • Welche Gefahren bestehen aufgrund der bestimmten Situation, in der ich mich befinde?
  • Wie kann ich diese Gefahren vermeiden oder vermindern?
  • Ist es der mögliche Nutzen wert, die Gefahr auf mich zu nehmen?
  • Blende ich bewusst oder unbewusst die Risiken aus?
  • Bin ich in der Lage die Risiken einzugehen oder habe ich Angst vor den Konsequenzen?
  • Was kann ich tun und wer kann mir helfen, falls etwas schief läuft?

Risiken erkennen, richtig einschätzen und bewusst eingehen

Zum Leben gehört das Nehmen von Risiken. Schon beim Aufstehen kannst du dir den Fuß verstauchen, beim Autofahren tödlich verunglücken und trotzdem tun wir beides fast täglich. Das liegt daran, dass die Gefahren im Vergleich zum möglichen Nutzen für uns dabei klein genug sind.

So könntest du zum Beispiel niemanden kennen lernen und kein Geld verdienen, wenn du, aus Angst vor der gefährlichen Welt da draußen, den ganzen Tag im Bett verbringen würdest.

Die Frage ist also im Leben dieselbe wie beim Drogengebrauch: Sind wir uns der auf uns lauernden Risiken bewusst und schätzen wir sie realistisch ein? Das ist nur möglich, wenn wir über ausreichend Drogenwissen verfügen und die nötige Erfahrung machen. Dann erkennen wir die Möglichkeiten, die wir haben und wie wahrscheinlich dabei Erfolg und Mißerfolg ist.

Wir gehen Risiken ein, wenn die Chancen für uns gut stehen und meiden sie wenn nicht. Auf diese Weise bestimmen wir die Richtung – ohne dabei je die volle Kontrolle zu haben. Das Eingehen von Risiken gehört zum Gebrauch und ermöglicht erst das Erleben eines genußvollen Rausches. Es bedeutet aber auch, dass einige der Gefahren des Gebrauchs eintreten. Wenn sie eintreten, stehst du dazu und lernst daraus für die Zukunft, oder lügst du dich selbst an und wiederholst die Fehler der Vergangenheit?

Die Förderung von Risikomanagement beim Umgang mit Drogen geschieht bereits im Rahmen der Schadensminimierung. Um Schaden beim Konsum für dich abzuwenden oder zumindest zu vermindern gibt es sogenannte Safer-Use-Regeln, wie zum Beispiel das Achten auf gesunde Ernährung oder die Einhaltung von Hygienemaßnahmen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Großteil aller Drogengebraucher*innen, ob im legalen oder illegalisierten Bereich, in der Lage sind ein gutes Risikomanagement zu betreiben.

Beim Drogengebrauch bestehen auch Risiken für andere Menschen, schau doch mal bei der Kritikfähigkeit.

Risiken für deinen Körper und deinen Geist

Die Gefahr des Gebrauchs gewisser Drogen wird sehr oft übertrieben dargestellt um Menschen vom Gebrauch abzuhalten und um die rassistische, kriminelle Drogenpolitik rechtfertigen zu können. Jedoch gibt es durchaus reale Gefahren für dein eigenes körperliches und geistiges Wohlbefinden beim Umgang mit allen psychoaktiven Substanzen, sei es nun Koffein oder Heroin.

So gibt es zum Beispiel den in Großbritannien berühmten Fall von Leah Betts, die nach dem Konsum einer Ecstasy-Tablette große Mengen Wasser zu sich genommen hatte und letztendlich an einer Wasservergiftung gestorben ist. Oft wird Ecstasy-Gebrauchern*Gebraucherinnen geraten darauf zu achten genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen um Überhitzung und Wassermangel zu vermeiden. Dieser Rat ist auch gut, aber es ist wichtig es nicht zu übertreiben und auch genügend Mineralstoffe zu sich zu nehmen. Hätten Leah und die Menschen in ihrer Umgebung das gewusst wär sie vielleicht heute noch am Leben.

Als Reaktion auf Lea’s Tod gab es eine große Medienhysterie und die Gefahren von MDMA, dem Ecstasy-Wirkstoff, wurden dabei stark überhöht dargestellt – mit Slogans wie “Nur eine Tablette tötet”. Dass Leah’s Tod durch eine Wasservergiftung verursacht wurde (die man auch nüchtern bekommen kann) interessierte dabei nicht. Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Gebrauch von MDMA nicht annährend so gefährlich wie Reiten. Dies zeigt, wie sehr Propaganda unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit trüben kann und so zur falschen Einschätzung von Risiken führt.

Die Moral der Geschichte ist, dass mangelndes Drogenwissen und dessen Anwendung den Unterschied machen kann zwischen einer tollen Nacht und dem Tod – oder den Unterschied zwischen einer guten Drogenpolitik und einer schlechten. Die Risiken des Konsums für deinen Körper und deinen Geist hängen stark von der Art und Qualität der Substanz ab, sowie der Art wie du sie konsumierst. Einteilungen wie legal und illegal sind hier wenig hilfreich, auch wenn es schwieriger ist qualitativ hochwertige illegalisierte Substanzen zu bekommen. Also pass auf woher du dein Wissen beziehst, denn falsches Wissen bietet Grundlage für falsche Entscheidungen.

Rechtliche Risiken

Da wir in der Zeit der großen Prohibition leben, in der die meisten gebräuchlichen Substanzen für illegal erklärt wurden, hat der Umgang mit diesen Substanzen auch rechtliche Risiken. Diese Risiken müssen bedacht werden bei deiner Entscheidung ob und wie du mit diesen Substanzen umgehst. Unabhängig davon wie du dich entscheidest, gebe ich dir hier einige Tipps. Selbst wenn du nicht konsumierst, kann das Befolgen dieser Ratschläge eine legale Form des zivilen Widerstands gegen die Unterdrückung sein. Legale Maßnahmen sind Bestandteil jeder demokratischen Teilhabe und Zivilgesellschaft.

Zuallererst hast du das Recht, deine Meinung frei zu äußern und nicht mit Polizei und Justiz zu kooperieren, wenn sie versuchen, gegen dich und deine Freunde zu ermitteln. Verdachtsunabhängige Personenkontrollen sind im Allgemeinen rechtswidrig. Dieser Grundsatz wird manchmal durch die Einrichtung von sogenannten (meist geheimen…) Gefahrengebieten unterwandert um unliebsame Menschen besser verfolgen zu können.

Sollte es zu einer Personenkontrolle kommen, bist du nur verpflichtet dich auszuweisen und grundsätzliche Angaben zu deiner Person (Wohnort, Alter, Beruf,…) zu machen – nicht Angaben zu deinem Konsum oder sonst irgendetwas anderem. Die Durchsuchung deiner Taschen oder irgendwelche Drogentests solltest du immer verweigern und auch nicht mit Polizisten*Polizistinnen reden, ob sie dich nun beleidigen, einschüchtern, dir sonst was versprechen oder einen auf Kumpel machen. Wenn sie etwas machen wollen, dass sie dürfen, werden sie es auch ohne deine Hilfe durchführen. Wenn nicht, handeln sie im Allgemeinen nicht (sonst über sich ergehen lassen, im Nachhinein mit Anwalt sprechen, Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben und gegebenenfalls Anzeige stellen). Du darfst dich nicht wehren, musst und solltest aber auch nicht helfen – es kann nur gegen dich verwendet werden. Auf der Seite der Grünen Hilfe findest du dazu weitere Informationen.


Weitere Informationen über Drogenmündigkeit findest du auf dieser Webseite: https://www.drogenmuendigkeit.de/