Safe Use & Drogenrecht
In den meisten Kulturen existieren Regulierungsmechanismen, um die Anwendung von Rauschmitteln zu steuern. Für eine solche Regulierung wurden immer auch rechtliche Maßnahmen angewendet. Die Anwendung des Strafrechtes dient dabei weniger einer bewussten kulturellen Integration von Drogengebrauch, sondern eher dem Versuch, ein Totalverbot (Prohibition) durchzusetzen.
§ 0 Kulturelle Integration
Oft erfolgt eine kulturelle Integration von Drogengebrauch durch allgemein akzeptierte Regeln und Normen sowie durch gewachsene Traditionen, Rituale und Gebräuche. Die Entwicklung solcher kulturellen Verhaltensweisen im Umgang mit Drogen verfolgte das Ziel, eine positive Nutzung der Drogen zu ermöglichen (Heil-, Meditations- und Genussmittel) und potentielle Risiken zu senken.
§ 1 Historische Beispiele für Prohibition
Verbot von Kaffee und Tabak im 16./17. Jahrhundert
Region: Europa, besonders streng Russland und Türkei. Mit Strafen wie Gefängnis, Verbannung, Konfiszieren des Eigentums, körperliche Verstümmlungen und der Todesstrafe zeigen sich deutlich die gewalttätigen Auswirkungen.
Verbot von Süßstoff bis zum I. Weltkrieg
Region: europaweit, das einzig legal produzierende Land war die Schweiz, von wo aus ein reger Schmuggel organisiert wurde. Das Süßstoffverbot wurde mit dem Schutz der Volksgesundheit begründet
Alkoholprohibition von 1919 – 1933
Region: USA. In der Zeit des Verbotes stiegen die negativen Folgeerscheinungen des Alkoholgenusses in einen nie wieder erreichten Ausmaß an. Durch den illegalen Alkoholhandel etablierten sich kriminelle Strukturen, die bis heute – auf anderen Gebieten – aktiv sind.
§ 2 Entwicklung der neuzeitlichen Prohibition
Schanghai 1909 und in Den Haag 1911: Internationale Opiumkonferenzen. Erste Absprachen über juristische Regelungen beim Umgang mit sog. Betäubungsmitteln.
Deutschland 1920: Erste Verordnung über Verkehr mit Opium
Deutschland 1929: Erstes Deutsches Opium-Gesetz
UN 1961: Einheits-Übereinkommen über Betäubungsmittel („Singel-Convention on Narcotic Drugs“), 1971 von BR Deutschland ratifiziert
UN 1988: Wiener Konvention, 1993 von BR Deutschland ratifiziert
§ 3 Angrenzende relevante Gesetze
- Lebensmittel – und Zollrecht
Reinheitsgebot des Bieres; verbotene Inhaltsstoffe für Wein; Zollbestimmungen für Alkohol
und Tabak (siehe Zigarettenschmuggel); u.ä. - Arzneimittelgesetz
Bereich der medizinischen Anwendung von Psychopharmaka: Unterscheidung zwischen
freigegebenen, apothekenpflichtigen und rezeptpflichtigen Medikamenten; Pflicht zu Packungsbeilagen; weitere verwaltungsrechtliche Vorschriften - Jugendschutzgesetz
Altersbegrenzung für die Abgabe von Alkohol und Tabak an Jugendliche: unter 16 Jahren kein Tabak und keinerlei alkoholische Getränke; unter 18 Jahren keine Abgabe von Branntwein und überwiegend branntweinhaltige Getränke(„harte“ Alkoholika); Veranstalter sind verpflichtet, auf die Einhaltung dieser Regelung zu achten (betrifft auch Rauchverbot in der Öffentlichkeit für Jugendliche unter 16 Jahren) - Straßenverkehrsordnung
Grenzwert 0,8 Promille Blutalkohol für Teilnahme an Straßenverkehr; Einschränkung der Fahrtüchtigkeit bei bestimmten Medikamenten; Führerscheinentzug bei Bekanntwerden von Gebrauch illegaler Drogen möglich - unterlassene Hilfeleistung
Bei Drogennotfällen (Überdosierung, Kreislaufzusammenbruch) müssen die Möglichkeiten zur Ersten-Hilfe-Leistung zur Anwendung kommen. Untätigkeit in solchen Situationen erfüllen den Tatbestand einer unterlassenen Hilfeleistung. - weitere angrenzende Gesetzbücher: Strafgesetzbuch(StGB), Strafprozessordnung(StPO), Polizeigesetz, Betäubungsmittelgesetz (BtmG)
Das Betäubungsmittelgesetz stellt für Deutschland die rechtliche Grundlage im Umgang mit zahlreichen psychoaktiven Stoffen dar. Für alle Menschen, ausgenommen Ärzte, Apotheker und Hersteller von Pharmaka, ist der Umgang mit Betäubungsmittel ohne ausdrückliche Sondergenehmigung verboten und unter Strafandrohung gestellt. Betäubungsmittel im Sinne
dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I – III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen. Das Gesetz differenziert nicht nach dem konkreten Risikopotential der einzelnen Stoffe. - Alle denkbaren Handlungen in Bezug auf sog. Betäubungsmittel werden unter Strafe gestellt, so Besitz, Erwerb, Anbau, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Verkauf, Handel, sonstiges in Verkehr bringen, Bereitstellen für Gelder für den Erwerb und Handel u.a.m. Strafverschärfung erfolgt z.B. in Fällen von gewerbsmäßigem Handel, Besitz oder Abgabe in nicht geringer Menge, Abgabe an Minderjährige.
- Straffrei sind dem gegenüber: der Konsum selbst; damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass nach deutschem Recht „Selbstschädigung“ nicht strafbar ist
- Straffrei ist der Besitz von Drogenutensilien wie Wasserpfeife, Chillum, Injektionsbesteck usw., ebenso die Abgabe von Einmalspritzen an konsumwillige Personen, z.B. im Rahmen von Spritzenaustauschprogrammen zur Gesundheitsvorsorge.
Irrweg der Vereinten Nationen
Indem die UNO in der internationalen Politik weiter auf die Prohibition setzt, ignoriert sie wesentliche Aspekte der Situation. Zum einen stellt sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen, grundlegenden Wertekanon. Die Vereinten Nationen sind dafür da, die Durchsetzung von Frieden, ökologischen Verhältnissen und Menschenwürde zu unterstützen. Mit der Prohibition tun sie aber genau das Gegenteil. Sie fördern weltweit Krieg, Bürgerkrieg, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen. Wer auf den Kampf gegen Anbau und Handel mit psychoaktiven Substanzen verweist, verschweigt dabei meist den entsprechend hohen Preis.
Doch kommt ein weiterer Aspekt hinzu. Wenn allein statistische Zahlen über Drogenmengen und deren Gebraucher zu Felde geführt werden, wird nichts über den konkreten Drogengebrauch ausgesagt. Befürworter der Prohibition setzen apodiktisch voraus, dass jeder Drogengebrauch an sich etwas Negatives darstellt. Damit verleugnen sie die Realität in unverantwortlicher Weise.
Medizinische, religiöse und kulturell prägende Aspekte von Drogengebrauch werden bewusst ausgeblendet. Traditionell gewachsener, kulturell integrierter Drogengebrauch wird an vielen Stellen geradezu zerstört. Das ist in vielfältiger Form gefährlich.